Forschungsstelle Quellen & Kultur

Aufgaben

  • die Förderung von kultur- und literaturwissenschaftlicher Quellenforschung
  • die Pflege kulturellen Erbes, insbesondere von literarischen bzw. schriftlichen Äußerungen
  • die Förderung des Verständnisses in der Bevölkerung und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Sammlung, Bewahrung und Erforschung von schriftlichen kulturellen Quellen
  • die Förderung von außeruniversitärer Forschung

Ethik

Besonderes Augenmerk soll auf die kulturellen und wissenschaftlichen Leistungen von Frauen gelegt werden.

Die Forschungsstelle Quellen und Kultur vertritt seit 2004, dem Jahr ihrer Gründung, die Regeln der Guten Wissenschaftlichen Praxis (GWP), und fördert sie nach Kräften. Seit 2004 haben die GWP zum Glück für die Wissenschaft an Bedeutung gewonnen, und heute setzen sich Institutionen wie die ÖAWI (Österreichische Agentur für wissenschaftliche Integrität) oder die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) vermehrt dafür ein.
Richtlinien der Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität zur Guten Wissenschaftlichen Praxis (Ö)
Kodex. Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis (D)

Geschichte

Die Forschungsstelle Quellen und Kultur ist ein gemeinnütziger Verein, der 2004 in Innsbruck gegründet wurde. Sie widmet sich seit ihrer Gründung der kulturwissenschaftlichen Grundlagenforschung in Form von Projekten. Zu den durchgeführten und aktuellen Forschungsprojekten siehe -> Projekte.

Die Forschungsstelle Quellen und Kultur steht in keiner Konkurrenz zu einer bestehenden Einrichtung. Einige der Gründerinnen haben Ethos und Erfahrung im Forschungsinstitut Brenner-Archiv erworben, dem sie für vieles danken. Die Forschungsstelle Quellen und Kultur trägt Erfahrungen mit quellennahen Projekten Rechnung und entwickelt in ihrer Tätigkeit ein neues Profil.

Texte zum Thema
Quellen und Kultur

Methlagl, Walter: „Textverlust“ und die Blüten der Phantasie

Schneider, Ursula A. und Steinsiek, Annette: Wer Erkenntnisse jagen will, muss vorher gesammelt haben. Überlieferung und Gender

Steinsiek, Annette: Versuch einer Identität ohne Kopftuch

Steinsiek, Annette: Weiße Schwäne und schwarze Schafe. Von Quantitäten und Qualitäten

Walter Methlagl: „Textverlust“ und die Blüten der Phantasie.

In: Annette Steinsiek (Hg.): Das Archiv lebt! Fundstücke aus dem Literaturarchiv und Forschungsinstitut Brenner-Archiv. Innsbruck 1999. S. 34f.

Im Keller jenes Hauses, in dem der einstige Freund und Herausgeber Georg Trakls, Karl Röck, zuletzt gewohnt hatte, stand ein großer, viereckiger Korb, nein, die Ruine eines Korbes, schief abgesunken, nur noch halb so hoch wie damals, als man ihn mit seinem letzten Inhalt angefüüllt hatte: mit Briefen, Manuskripten, darunter Teile jenes Tagebuchs, das heute als einzigartige Quelle zur Biographie Trakls und zur Kulturgeschichte Tirols weitum geschätzt wird. Bei mehreren Überschwemmungen hatte der reißende Bergstrom Inn die untere Hälfte des Korbes samt Inhalt zu Erde gemacht. Darin konnte man Blumen setzen, zu lesen gab es nichts mehr, und in bangen Nächten grübelt der einsame Geist, was da an Lesbarem zu Erde geworden ist.

Wo das Papier in Humus überging, hatten einige Bogen des Tagebuchs stellenweise eine halbvermoderte Konsistenz angenommen gleich der eines verlassenen Wespennests: auf dem grauen, starr-verbogenen Untergrund war die Maschinschrift mit den täglichen Eintragungen gerade noch zu lesen; aber bei der sachtesten Erschütterung zerfiel das Material auf Nimmerwiederlesen zu Staub.

Mit angehaltenem Atem trug man die kleinen Stöße zur nächsten Schreibmaschine und begann zu tippen, was noch zu tippen war. Was beim Versuch, umzublättern, zerfiel, ist in heutigen Editionen mit drei Punkten in eckiger Klammer markiert: „Textverlust im Original!“

Schauder überläuft einen: Wieviel an schriftlicher Überlieferung ist in Jahrtausenden nicht auf uns gekommen, Kostbareres vielleicht als alles, was wir kennen: Vergil, Shakespeare… – Schwindelerregend der Blick in den Abgrund: Alles mühsam zusammengelesene Weltwissen ein Torso, ein Fetzenbündel, uns Menschen von blind waltenden Energien zugetrieben oder vorenthalten. – Aber liegt nicht eben an der Grenze, wo Gesprochenes verstummt und Geschriebenes abreißt, der Ort, von dem aus das Denken immer wieder zu neuen Horizonten aufbricht, und liefert nicht als das unwiederbringlich Verlorene jenen modrigen Untergrund, aus dem in imaginären Archiven die Phantasie ihre schönsten Blüten treibt?

(© Walter Methlagl)